Offenstallwissen

Offenstallwissen

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall ? (Teil 1)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 9.10.2020 von Tanja Romanazzi

Diese Frage kommt immer wieder in verschiedenen Formen. „Ich habe 5.000 m² Land, wie viele Pferde kann ich darauf halten?“ Oder: „Mein Pferd steht in einem Aktivstall, der für 15 Pferde gebaut wurde. Jetzt sind 20 in der Herde. Ist das nicht zu viel?“


Diese Fragen sind gar nicht so einfach zu beantworten, da mehrere Faktoren dabei eine Rolle spielen:

  • Größe und Form der Unterstände, damit alle Pferde entspannt liegen können.
  • Anzahl der Heu-Fressplätze, Art der Fütterung, so dass alle in Ruhe fressen können.
  • Größe und Gestaltung des Auslaufs, so dass sich alle ausreichend aus dem Weg gehen können.

Der Unterstand

Es ist leider ein häufiges (und oftmals unerkanntes) Problem, dass sich vor allem die rangniederen Pferde in einem Offenstall nicht ausreichend genug hinlegen und dadurch langfristig gesundheitliche Probleme bekommen. Ursache ist häufig die Größe der überdachten Liegefläche und vor allem auch die Zugänglichkeit.

Betrachten wir zunächst die reine Größe. In den deutschen Tierschutzrichtlinien gibt es dazu klare Vorgaben: Die Liegefläche in einem Offenstall sollte pro Pferd 3 x Widerristhöhe² betragen. Dieses sind bei einem Großpferd mit einer Höhe von 1,65m ungefähr 8,2 m². Wir planen gerne mit 10 m² Liegefläche pro Großpferd. Je mehr Platz, umso entspannter für die Pferde.

Neben der Größe ist jedoch die Form und Lage des Unterstandes mindestens genauso wichtig. Der Unterstand benötigt mindesten zwei Ein- und Ausgänge und diese sollten so verteilt sein, dass rangniedere Pferde jederzeit problemlos flüchten können, wenn sie von ranghohen Pferden bedrängt werden.

Ein möglichst langer Unterstand mit einer geringen Tiefe ist aus diesem Grund die beste Lösung. In der folgenden Zeichnung sieht man die Unterschiede. Beide Unterstände haben die gleiche Größe. Im linken Beispiel finden auch rangniedere Pferde (weiß) problemlos eine Fläche zum Liegen, im rechten Beispiel werden sie sich dagegen kaum hineintrauen, da sie in bedrängten Situationen vor den Ranghohen (schwarz) nicht schnell genug heraus kommen. Trotz der gleichen Größe können im linken Unterstand 5-6 Pferde entspannt schlafen, im rechten vermutlich nur zwei.

Offenstall Unterstand

Und auch die Lage im Offenstall spielt eine Rolle. Befindet sich der Unterstand zum Beispiel am Ende einer Sackgasse, so wird er nach unserer Erfahrung lange nicht so gut angenommen, als wenn er eher mittig auf der Fläche angeordnet ist. Man sollte immer daran denken, dass Pferde Fluchttiere sind. Um sich sicher zu fühlen, möchten sie die Umgebung gut im Blick haben und es muss jederzeit die Möglichkeit zum schnellen Wegrennen bestehen. Können die Pferde um den Unterstand herumlaufen, hat man zudem den Vorteil, dass der Unterstand von allen Seiten als Windschutz genutzt werden kann.

Manchmal möchte man bestehende Gebäude als Unterstände nutzen, die in Form und Position nicht ideal sind. Über zusätzliche Öffnungen und gegebenenfalls mit Raumteilern kann man in diesem Fall versuchen, die Fluchtmöglichkeiten für die Pferde zu optimieren. Über die Beobachtung der Pferde muss man dann entscheiden, wie viele Pferde tatsächlich entspannt schlafen können. In unserer Wallachgruppe 2 (folgendes Bild) haben wir zum Beispiel eine Unterstandsfläche von 300m². Da dieser jedoch relativ ungünstig liegt (in einer Art Sackgasse mit Bäumen als Raumteiler) haben wir trotzdem die Pferdeanzahl auf 12 Pferde begrenzt.

Unterstand Offenstall

Möchte man statt einem großen Unterstand zwei oder mehrere kleine Unterstände anbieten, so ist es wichtig, dass diese möglichst nah beieinander liegen. Zu den Kernschlafzeiten bleibt nach unseren Beobachtungen die Herde gerne zusammen. Sind die Unterstände weiter voneinander entfernt, so suchen sich die Ranghohen den besten Platz und die Rangniederen laufen mit und bleiben dann bei fehlendem Platzangebot in der Nähe stehen.

Im folgenden Bild sieht man den neu gebauten Unterstand (rechts) in unserem Paddock Trail 1 im Abstand von ca. 20 m neben dem alten Unterstand (links). Die Pferde nehmen beide Unterstände gut an und teilen sich auf. Nach meinem Eindruck ist dieses jedoch eher die Obergrenze beim Abstand.

Unterstände Offenstall

Bei der Bauweise des Unterstandes haben wir den Eindruck, dass die Pferde eine möglichst offene Bauweise bevorzugen. Ein oder zwei komplett geöffnete Seiten oder auch nur die Anbringung eines Windschutznetzes führt offenbar dazu, dass sich die Pferde wohler fühlen. Etwas Wind wird problemlos toleriert. Lediglich im Sommer bei großer Belastung durch Insekten wählen die Pferde die eher geschlossenen Unterstände.

Und ein letzter Punkt ist noch der Boden des Unterstandes. Dieser sollte so beschaffen sein, dass die Pferde ihn zum Liegen annehmen. Einige Stallbetreiber verzichten auf Einstreu, „weil die Pferde den Unterstand dann nur noch als Klo nutzen“. Das führt jedoch dazu, dass sich viele Pferde bei nassen Wetterperioden gar nicht mehr hinlegen. Man benötigt also entweder Einstreu, welches entsprechend sauber gehalten wird, oder Gummimatten, wobei man dann sicherstellen muss, dass alle Pferde die Gummimatten auch zum Liegen annehmen. Man kann dazu am Anfang Späne drüberstreuen und dann nach und nach die Späneschicht geringer werden lassen. Auf Gut Heinrichshof nutzen wir Grünkompost als Einstreu in Kombination mit Spänen.

Beispiel vom Gut Heinrichshof

Unsere gemischte Gruppe hat extrem viel Platz als Auslauf und mit 4 verteilten Heuraufen ist auch ein entspanntes Heufressen für alle Pferde möglich. Dennoch hatten wir bisher maximal 14 Pferde in dieser Gruppe. Der Engpass war die Liegefläche.

Der Hauptunterstand beträgt 132 m² und liegt auch nicht ganz optimal. Wir hatten deshalb schon die ehemaligen Dächer der Heudosierer als Unterstände dazu genommen. Dieses waren jedoch nur 2 x 6m². Um die Schlafsituation zu verbessern wurde daher jetzt ein weiterer Unterstand von 6 x 12 m hinzugebaut. Somit hat sich die Liegefläche auf 216 m² erhöht.

Unterstand Offenstall

Die Pferde nehmen den neuen Unterstand sehr gut an. Die beiden Schlafplätze an den Außenseiten unter den ehemaligen Dächern der Heudosierer werden besonders von Rangniederen geschätzt. Durch die Windschutznetze haben sie eine Abtrennung zu den anderen aber trotzdem Sichtkontakt. Die Pferde verteilen sich sehr schön auf beide Unterstände, so dass alle entspannt zum Schlafen kommen. Wir konnten somit in diese Gruppe 2 Pferde mehr aufnehmen.

Unterstand Offenstall

Fazit: In einem Offenstall sollte es überdachte Liegefläche von mindestens 9-10 m² pro Großpferd geben. Die Unterstände benötigen mindestens zwei Ein- und Ausgänge. Lange Unterstände mit geringer Tiefe machen es rangniederen Pferden einfacher, einen Liegeplatz zu finden. Der Boden sollte so beschaffen sein (trocken, weich), dass die Pferde ihn zum Liegen annehmen. Freie Zugänglichkeit und gute Sicht sind für das Fluchttier wichtiger als 100%iger Witterungsschutz.

Im den nächsten Teilen 2 und 3 geht es dann um Heufütterung und Auslaufgröße ….

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall? (Teil 1)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 9.10.2020 von Tanja Romanazzi

Diese Frage kommt immer wieder in verschiedenen Formen. „Ich habe 5.000 m² Land, wie viele Pferde kann ich darauf halten?“ Oder: „Mein Pferd steht in einem Aktivstall, der für 15 Pferde gebaut wurde. Jetzt sind 20 in der Herde. Ist das nicht zu viel?“


Diese Fragen sind gar nicht so einfach zu beantworten, da mehrere Faktoren dabei eine Rolle spielen:

  • Größe und Form der Unterstände, damit alle Pferde entspannt liegen können.
  • Anzahl der Heu-Fressplätze, Art der Fütterung, so dass alle in Ruhe fressen können.
  • Größe und Gestaltung des Auslaufs, so dass sich alle ausreichend aus dem Weg gehen können.

Der Unterstand

Es ist leider ein häufiges (und oftmals unerkanntes) Problem, dass sich vor allem die rangniederen Pferde in einem Offenstall nicht ausreichend genug hinlegen und dadurch langfristig gesundheitliche Probleme bekommen. Ursache ist häufig die Größe der überdachten Liegefläche und vor allem auch die Zugänglichkeit.

Betrachten wir zunächst die reine Größe. In den deutschen Tierschutzrichtlinien gibt es dazu klare Vorgaben: Die Liegefläche in einem Offenstall sollte pro Pferd 3 x Widerristhöhe² betragen. Dieses sind bei einem Großpferd mit einer Höhe von 1,65m ungefähr 8,2 m². Wir planen gerne mit 10 m² Liegefläche pro Großpferd. Je mehr Platz, umso entspannter für die Pferde.

Neben der Größe ist jedoch die Form und Lage des Unterstandes mindestens genauso wichtig. Der Unterstand benötigt mindesten zwei Ein- und Ausgänge und diese sollten so verteilt sein, dass rangniedere Pferde jederzeit problemlos flüchten können, wenn sie von ranghohen Pferden bedrängt werden.

Ein möglichst langer Unterstand mit einer geringen Tiefe ist aus diesem Grund die beste Lösung. In der folgenden Zeichnung sieht man die Unterschiede. Beide Unterstände haben die gleiche Größe. Im linken Beispiel finden auch rangniedere Pferde (weiß) problemlos eine Fläche zum Liegen, im rechten Beispiel werden sie sich dagegen kaum hineintrauen, da sie in bedrängten Situationen vor den Ranghohen (schwarz) nicht schnell genug heraus kommen. Trotz der gleichen Größe können im linken Unterstand 5-6 Pferde entspannt schlafen, im rechten vermutlich nur zwei.

Offenstall Unterstand

Und auch die Lage im Offenstall spielt eine Rolle. Befindet sich der Unterstand zum Beispiel am Ende einer Sackgasse, so wird er nach unserer Erfahrung lange nicht so gut angenommen, als wenn er eher mittig auf der Fläche angeordnet ist. Man sollte immer daran denken, dass Pferde Fluchttiere sind. Um sich sicher zu fühlen, möchten sie die Umgebung gut im Blick haben und es muss jederzeit die Möglichkeit zum schnellen Wegrennen bestehen. Können die Pferde um den Unterstand herumlaufen, hat man zudem den Vorteil, dass der Unterstand von allen Seiten als Windschutz genutzt werden kann.

Manchmal möchte man bestehende Gebäude als Unterstände nutzen, die in Form und Position nicht ideal sind. Über zusätzliche Öffnungen und gegebenenfalls mit Raumteilern kann man in diesem Fall versuchen, die Fluchtmöglichkeiten für die Pferde zu optimieren. Über die Beobachtung der Pferde muss man dann entscheiden, wie viele Pferde tatsächlich entspannt schlafen können. In unserer Wallachgruppe 2 (folgendes Bild) haben wir zum Beispiel eine Unterstandsfläche von 300m². Da dieser jedoch relativ ungünstig liegt (in einer Art Sackgasse mit Bäumen als Raumteiler) haben wir trotzdem die Pferdeanzahl auf 12 Pferde begrenzt.

Unterstand Offenstall

Möchte man statt einem großen Unterstand zwei oder mehrere kleine Unterstände anbieten, so ist es wichtig, dass diese möglichst nah beieinander liegen. Zu den Kernschlafzeiten bleibt nach unseren Beobachtungen die Herde gerne zusammen. Sind die Unterstände weiter voneinander entfernt, so suchen sich die Ranghohen den besten Platz und die Rangniederen laufen mit und bleiben dann bei fehlendem Platzangebot in der Nähe stehen.

Im folgenden Bild sieht man den neu gebauten Unterstand (rechts) in unserem Paddock Trail 1 im Abstand von ca. 20 m neben dem alten Unterstand (links). Die Pferde nehmen beide Unterstände gut an und teilen sich auf. Nach meinem Eindruck ist dieses jedoch eher die Obergrenze beim Abstand.

Unterstände Offenstall

Bei der Bauweise des Unterstandes haben wir den Eindruck, dass die Pferde eine möglichst offene Bauweise bevorzugen. Ein oder zwei komplett geöffnete Seiten oder auch nur die Anbringung eines Windschutznetzes führt offenbar dazu, dass sich die Pferde wohler fühlen. Etwas Wind wird problemlos toleriert. Lediglich im Sommer bei großer Belastung durch Insekten wählen die Pferde die eher geschlossenen Unterstände.

Und ein letzter Punkt ist noch der Boden des Unterstandes. Dieser sollte so beschaffen sein, dass die Pferde ihn zum Liegen annehmen. Einige Stallbetreiber verzichten auf Einstreu, „weil die Pferde den Unterstand dann nur noch als Klo nutzen“. Das führt jedoch dazu, dass sich viele Pferde bei nassen Wetterperioden gar nicht mehr hinlegen. Man benötigt also entweder Einstreu, welches entsprechend sauber gehalten wird, oder Gummimatten, wobei man dann sicherstellen muss, dass alle Pferde die Gummimatten auch zum Liegen annehmen. Man kann dazu am Anfang Späne drüberstreuen und dann nach und nach die Späneschicht geringer werden lassen. Auf Gut Heinrichshof nutzen wir Grünkompost als Einstreu in Kombination mit Spänen.

Beispiel vom Gut Heinrichshof

Unsere gemischte Gruppe hat extrem viel Platz als Auslauf und mit 4 verteilten Heuraufen ist auch ein entspanntes Heufressen für alle Pferde möglich. Dennoch hatten wir bisher maximal 14 Pferde in dieser Gruppe. Der Engpass war die Liegefläche.

Der Hauptunterstand beträgt 132 m² und liegt auch nicht ganz optimal. Wir hatten deshalb schon die ehemaligen Dächer der Heudosierer als Unterstände dazu genommen. Dieses waren jedoch nur 2 x 6m². Um die Schlafsituation zu verbessern wurde daher jetzt ein weiterer Unterstand von 6 x 12 m hinzugebaut. Somit hat sich die Liegefläche auf 216 m² erhöht.

Unterstand Offenstall

Die Pferde nehmen den neuen Unterstand sehr gut an. Die beiden Schlafplätze an den Außenseiten unter den ehemaligen Dächern der Heudosierer werden besonders von Rangniederen geschätzt. Durch die Windschutznetze haben sie eine Abtrennung zu den anderen aber trotzdem Sichtkontakt. Die Pferde verteilen sich sehr schön auf beide Unterstände, so dass alle entspannt zum Schlafen kommen. Wir konnten somit in diese Gruppe 2 Pferde mehr aufnehmen.

Unterstand Offenstall

Fazit: In einem Offenstall sollte es überdachte Liegefläche von mindestens 9-10 m² pro Großpferd geben. Die Unterstände benötigen mindestens zwei Ein- und Ausgänge. Lange Unterstände mit geringer Tiefe machen es rangniederen Pferden einfacher, einen Liegeplatz zu finden. Der Boden sollte so beschaffen sein (trocken, weich), dass die Pferde ihn zum Liegen annehmen. Freie Zugänglichkeit und gute Sicht sind für das Fluchttier wichtiger als 100%iger Witterungsschutz.

Im den nächsten Teilen 2 und 3 geht es dann um Heufütterung und Auslaufgröße ….