Offenstallwissen

Offenstallwissen

​​​​​​Pferde als Fluchttiere verstehen ...

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

​Veröffentlicht am ​​​​​​28.​​​​5.201​​​​​6

Pferde sind Fluchttiere. Aber was heißt das eigentlich genau? Und was bedeutet es für die Pferdehaltung? Aus meiner Sicht gibt es zwei verschiedene Formen des Flüchtens.


Die große Flucht der Herde

Die Hauptverteidigungsstrategie des Pferdes ist die Flucht. Wenn ein hungriger Tiger um die Ecke kommt, versucht also die ganze Pferdeherde im gestreckten Galopp der Gefahr zu entkommen. Je enger man die Pferde einsperrt, desto schlechter ist das möglich. Leider wissen sie ja nicht, dass es in unserer Gegend keine gefräßigen Tiger gibt.

Fluchttiere Offenstall

Auch wenn sich die Pferde an das Eingesperrtsein gewöhnen, ist es als unterschwelliger Stress vorhanden (es kann sich im Notfall nicht verteidigen). Man kann es aus meiner Sicht damit vergleichen, wenn man als Mensch zum Beispiel direkt an den Bahngleisen wohnt. Nach einer gewissen Zeit hört man die Züge bewusst nicht mehr. Dennoch ist der Lärm als Stressfaktor immer da.


Fazit: Je mehr Platz man den Pferden geben kann, desto besser.


Die kleine Flucht des einzelnen Pferdes

Pferde leben in Herden zusammen. Damit das harmonisch klappt, gibt es relativ feste Rangfolgen. Und auch dabei spielt Flucht eine Rolle. Das rangniedere Pferd muss dem Ranghohen ausweichen. Hat es Situationen eventuell mal nicht richtig eingeschätzt, kommt es zu einer aggressiven Aktion und das Rangniedere muss (ein kleines Stück) flüchten. Wenn der Platz dazu fehlt, wird es brenzlig und es kann zu Verletzungen kommen.

Fluchttiere Offenstall

In der freien Wildbahn kommt das nicht so oft vor, da sowohl zum Fressen als auch zum Schlafen meist viel Platz zur Verfügung steht. Die Pferde können auf einer Fläche räumlich locker verteilt ihren Bedürfnissen nachkommen. Sperrt man jedoch eine Herde in einem Offenstall auf einen begrenzten Platz zusammen, dann müssen rangniedere Pferde oftmals die sicheren Abstände zu den Ranghohen unterschreiten, um an das Futter zu kommen oder um sich im geschützten Unterstand aufhalten zu können. Dieses bedeutet ebenfalls Stress. ​Bei ungünstigen Platzverhältnissen führt es leider häufig dazu, dass sich rangniedere Pferde nicht oder nur selten hinlegen. Sie fühlen sich ohne ausreichende Ausweichmöglichkeiten nicht sicher genug.


Manche Pferdehalter bauen deswegen einen zweiten Unterstand in etwas größerer Entfernung zum Hauptstall. Dieses funktioniert jedoch oftmals auch nicht. Rangniedere Pferde brauchen auch den Schutz der Ranghohen. Die Pferde einer Herde teilen sich deswegen selten auf zwei Unterstände auf (außer die Unterstände stehen nahe genug zusammen), sondern quetschen sich entweder in den einen oder den anderen Unterstand.

Im folgenden Bild sieht man die Unterstände in unserem Paddock Trail 2. Sie sind ca. 25m voneinander entfernt. Für ein gemeinsames Schlafen ist das bereits zuviel.

Unterstände Offenstall

​Besser funktioniert es in unserem Paddock Trail 1, wo zwei Liegeflächen nur mit einer Wand getrennt wurden. Hier kommt es häufig vor, dass die besonders dominanten Pferde auf einer Seite schlafen (im Foto rechts die Leitstute und der Chef-Wallach) und rangniedere (hier eine alte Stute) im Nachbarabteil.

Unterstände im Offenstall

Wenn die Platzverhältnisse nicht ausreichen, schlafen Rangniedere lieber stehend bei der Herde als liegend in einem entfernten Bereich. Das Thema Sicherheit steht für ein Pferd immer ganz weit oben! Es ist daher eine große Herausforderung, Offenställe so zu gestalten, dass alle Pferde entspannt fressen und schlafen können.


Fazit: Offenställe müssen so gebaut werden, dass die Pferde als Herde gemeinsam fressen und schlafen können und trotzdem es für rangniedere Pferde ausreichende Flucht- und Ausweichmöglichkeiten gibt. Je kleiner der zur Verfügung stehende Platz, desto wichtiger sind Raumteiler, großzügige Öffnung der Liegebereiche, abgerundete Ecken und die Vermeidung von Sackgassen.


Bei Boxenpferden sollte man darauf achten, dass sich benachbarte Pferde vertragen. Auch hier kann es ein Stressfaktor sein, wenn zum Beispiel ein rangniederes Pferd zwangsweise sehr nahe neben einem Ranghohen eingesperrt ist.

​​​​​​Pferde als Fluchttiere verstehen ...

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

​Veröffentlicht am ​​​​​​28.​​​​5.201​​​​​6

Pferde sind Fluchttiere. Aber was heißt das eigentlich genau? Und was bedeutet es für die Pferdehaltung? Aus meiner Sicht gibt es zwei verschiedene Formen des Flüchtens.


Die große Flucht der Herde

Die Hauptverteidigungsstrategie des Pferdes ist die Flucht. Wenn ein hungriger Tiger um die Ecke kommt, versucht also die ganze Pferdeherde im gestreckten Galopp der Gefahr zu entkommen. Je enger man die Pferde einsperrt, desto schlechter ist das möglich. Leider wissen sie ja nicht, dass es in unserer Gegend keine gefräßigen Tiger gibt.

Fluchttiere Offenstall

Auch wenn sich die Pferde an das Eingesperrtsein gewöhnen, ist es als unterschwelliger Stress vorhanden (es kann sich im Notfall nicht verteidigen). Man kann es aus meiner Sicht damit vergleichen, wenn man als Mensch zum Beispiel direkt an den Bahngleisen wohnt. Nach einer gewissen Zeit hört man die Züge bewusst nicht mehr. Dennoch ist der Lärm als Stressfaktor immer da.


Fazit: Je mehr Platz man den Pferden geben kann, desto besser.


Die kleine Flucht des einzelnen Pferdes

Pferde leben in Herden zusammen. Damit das harmonisch klappt, gibt es relativ feste Rangfolgen. Und auch dabei spielt Flucht eine Rolle. Das rangniedere Pferd muss dem Ranghohen ausweichen. Hat es Situationen eventuell mal nicht richtig eingeschätzt, kommt es zu einer aggressiven Aktion und das Rangniedere muss (ein kleines Stück) flüchten. Wenn der Platz dazu fehlt, wird es brenzlig und es kann zu Verletzungen kommen.

Fluchttiere Offenstall

In der freien Wildbahn kommt das nicht so oft vor, da sowohl zum Fressen als auch zum Schlafen meist viel Platz zur Verfügung steht. Die Pferde können auf einer Fläche räumlich locker verteilt ihren Bedürfnissen nachkommen. Sperrt man jedoch eine Herde in einem Offenstall auf einen begrenzten Platz zusammen, dann müssen rangniedere Pferde oftmals die sicheren Abstände zu den Ranghohen unterschreiten, um an das Futter zu kommen oder um sich im geschützten Unterstand aufhalten zu können. Dieses bedeutet ebenfalls Stress. ​Bei ungünstigen Platzverhältnissen führt es leider häufig dazu, dass sich rangniedere Pferde nicht oder nur selten hinlegen. Sie fühlen sich ohne ausreichende Ausweichmöglichkeiten nicht sicher genug.


Manche Pferdehalter bauen deswegen einen zweiten Unterstand in etwas größerer Entfernung zum Hauptstall. Dieses funktioniert jedoch oftmals auch nicht. Rangniedere Pferde brauchen auch den Schutz der Ranghohen. Die Pferde einer Herde teilen sich deswegen selten auf zwei Unterstände auf (außer die Unterstände stehen nahe genug zusammen), sondern quetschen sich entweder in den einen oder den anderen Unterstand.

Im folgenden Bild sieht man die Unterstände in unserem Paddock Trail 2. Sie sind ca. 25m voneinander entfernt. Für ein gemeinsames Schlafen ist das bereits zuviel.

Unterstände Offenstall

​Besser funktioniert es in unserem Paddock Trail 1, wo zwei Liegeflächen nur mit einer Wand getrennt wurden. Hier kommt es häufig vor, dass die besonders dominanten Pferde auf einer Seite schlafen (im Foto rechts die Leitstute und der Chef-Wallach) und rangniedere (hier eine alte Stute) im Nachbarabteil.

Unterstände im Offenstall

Wenn die Platzverhältnisse nicht ausreichen, schlafen Rangniedere lieber stehend bei der Herde als liegend in einem entfernten Bereich. Das Thema Sicherheit steht für ein Pferd immer ganz weit oben! Es ist daher eine große Herausforderung, Offenställe so zu gestalten, dass alle Pferde entspannt fressen und schlafen können.


Fazit: Offenställe müssen so gebaut werden, dass die Pferde als Herde gemeinsam fressen und schlafen können und trotzdem es für rangniedere Pferde ausreichende Flucht- und Ausweichmöglichkeiten gibt. Je kleiner der zur Verfügung stehende Platz, desto wichtiger sind Raumteiler, großzügige Öffnung der Liegebereiche, abgerundete Ecken und die Vermeidung von Sackgassen.


Bei Boxenpferden sollte man darauf achten, dass sich benachbarte Pferde vertragen. Auch hier kann es ein Stressfaktor sein, wenn zum Beispiel ein rangniederes Pferd zwangsweise sehr nahe neben einem Ranghohen eingesperrt ist.