Offenstallwissen

Alltagstrott im Offenstall

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

​Veröffentlicht am ​​​​​2​8.​​​​​​4.201​​​​​9

​In der freien Natur wandern die Pferdeherden umher und kommen daher immer wieder in neue Umgebungen. Sie sind beschäftigt mit der Futter- und Wassersuche und müssen zusätzlich achtsam sein bezüglich möglicher Raubtiere. Hinzu kommt noch das Herdenleben und die Fortpflanzung. In einem Offenstall halten wir dagegen Stuten und Wallache auf begrenzter Fläche mit ständigem Heu- und Wasserangebot an gleichbleibender Stelle. Das führt dazu, dass die Pferde oftmals in eine Art Alltagstrott verfallen und "im Kopf abschalten". Was kann man dagegen tun?

​Abwechslungsreiche Gestaltung

​Ein rechteckiger befestigter Paddock vor dem Unterstand mit Tränke und Heuraufe bietet kaum Anreize zum Bewegen, Spielen und Erkunden. Ein Paddock Trail um eine Weidefläche mit verschiedenen Stationen ist dagegen viel interessanter. 

  • ​​​Ein Hügel lädt ein zum Spielen und wird zudem gerne genutzt für eine bessere Aussicht auf das Gelände.
  • ​​​Totholzhecken sind ökologisch wertvoll und ​den Pferden steht Gehölzfutter zur Verfügung. Nach unserer Beobachtung wird das immer wieder gerne angenommen, auch wenn das Holz schon älter ist.
  • ​Baumstämme oder größere Steine am Boden bringen Abwechslung. Pferde laufen um den Stamm oder Stein herum oder springen drüber. Sie können die Baumrinde abknabbern und im Schutz des Stammes oder der Steine wachsen oftmals ein paar Grashalme mehr, die dann ​abgesucht und abgegrast werden.
  • Trockenmauern können als Strukturelement eingesetzt werden, um zum Beispiel Höhenunterschiede abzusichern oder auch auf ebener Fläche als Raumteiler. Die Mauern sind Wärmespeicher und bilden somit ein anderes Mikroklima.
  • ​Wasserfurte werden von den Pferden sehr gerne angenommen, zum gemeinsamen Trinken, zum Spielen und Abkühlen oder auch zum Abernten von Algen. Um eine möglichst gute Wasserqualität zu halten, ist es vorteilhaft, wenn man ca. ein Drittel der Fläche auszäunt und mit Schilf bepflanzt.
  • Lecksteine kann man in Trockenmauern oder in Baumstämmen "verstecken". Sie sind somit auch eine Station auf dem Trail.
  • Ein verteiltes Heuangebot führt zu mehr Bewegung. Wenn man zudem noch verschiedene Angebote hat (Raufe, Heutoy, etc.), dann bietet man noch mehr Abwechslung.
  • Bepflanzungen liefern verschiedene "Wohnbereiche": Schatten für heiße Sommertage, Windschutz bei ungemütlichem Wetter und zudem die Möglichkeit, frische Zweige und Äste abzuknabbern.
Offenstall Wasserfurt

Freie Sicht begrenzen

Wenn die Pferde den Offenstall immer komplett im Blick haben können, am besten noch von der Heuraufe aus, dann besteht kaum Notwendigkeit, sich zu bewegen. Mit einem kurzen Blick sieht das Pferd, dass kein Raubtier kommt und auch kein Mensch zur Bespaßung oder zum Füttern. Ganz anders ist es, wenn man die freie Sicht zum Beispiel durch Bepflanzung behindert. Dann entsteht in den Pferden das Bedürfnis, immer mal wieder hinter die Hecke zu blicken, damit ihnen mögliche Gefahren oder Besucher nicht entgehen. Rangniedere Pferde freuen sich zudem, wenn sie mal aus dem Blickfeld der Ranghohen herauskommen.

​Neue Attraktionen

Extra Entertainment ist in der Regel schwierig bzw. zu zeitaufwendig. Aber manchmal ergibt es sich von alleine. Wenn man zum Beispiel im Paddock neuen Sand aufbringen möchte, dann kann man den Sandhaufen auch erst einmal 1-2 Wochen liegen lassen und erst danach verteilen. Die Pferde haben bis dahin viel Spaß und nehmen einem auch schon etwas Verteilarbeit ab.

​Auch Holz für die Totholzhecke kann man ​zunächst ein paar Tage als Haufen liegen lassen und erst danach einschichten.

Bereiche zeitweise sperren

​Für das vorübergehende Absperren von einzelnen Bereichen des Offenstalls ​gibt es mehrere Anwendungen. Die erste ist zum Beispiel die Einführung von ein oder zwei Heupausen am Tag bei einem ansonsten freiem Heuangebot (Heu ad libitum). Die Heuraufen werden täglich für 2-4 Stunden abgesperrt. Die Pferde werden damit aus der "Immer-an-der-Heuraufe-stehen-Gewohnheit" heraus geholt und nutzen die Zeit vermehrt zum Spielen oder Schlafen. 

Eine zweite Anwendung ist der Erhalt von älteren Bäumen im Offenstall, die ganzjährig für die Pferde ​problematisch sein können. Hat man zum Beispiel größere Obstbäume im Offenstall mit nur wenigen Pferden, so kann es sinnvoll sein, den Baum zu Fallobstzeiten in einem größeren Radius auszuzäunen. Das Gleiche gilt für Eichen zur Eichelfallzeit (kleinere Mengen unbedenklich, größere Mengen Kolikgefahr) oder Buchen (Bucheckern giftig für Pferde). 

Immer wenn man ausgesperrte Bereiche wieder freigibt, werden die Pferde sie wieder neu erkunden und in Besitz nehmen.

Alternativwege einrichten

​Wenn man einen Paddock Trail um die Weiden anlegt, dann ist es für die Pferde immer angenehm, wenn es nicht nur einen Weg außen herum gibt, sondern auch Alternativwege und damit bessere Fluchmöglichkeiten. Diese Wege müssen nicht befestigt werden und sind somit relativ einfach nur mit etwas Zaunmaterial zu realisieren. Zum Schutz des Bodens und zur Abwechslung der Pferde ist es schön, wenn es mehrere dieser Wege gibt, die die dann immer nur zeitweise zur Verfügung stehen. So können die Pferde immer wieder Neues entdecken. Auch Wege durch ein kleines Waldstück kann man auf diese Art oftmals genehmigt bekommen. Man vereinbart, dass der Weg den Pferden nur zeitweise zur Verfügung steht und zwar nur solange, wie die Pferde weder den Boden noch die Bäume zur stark beeinträchtigen.

Planung Offenstall

​In der oberen Planung haben die Pferde einen Paddock Trail um die Weideflächen und einen Mittelweg, der immer zugänglich ist. Zusätzlich gibt es jedoch auch noch Wege zwischen den Weiden 1/3, 3/5, 2/4, 4/6 und zwei Wege durch den Wald. Diese werden abwechselnd immer nur zeitweise geöffnet.

​Offenställe wechseln

Für Pferdeherden ist es ganz natürlich, dass sie regelmäßig in neue Umgebungen kommen. Wenn man mehrere Offenstallgruppen mit in etwa gleicher Pferdeanzahl hat, wäre es daher ein interessanter Versuch, wenn man vielleicht alle 3 Monate die Gruppen den Offenstall wechseln lässt. Leider ist das in einem Betrieb mit Einstellern nur schwer umsetzbar :-) ... aber es gibt aktuell ein Projekt zum Bau von vier Offenstallgruppen ​mit eigenen Pferden. Hier soll ​es eventuell mal ausprobiert werden.

Offenstall-
wissen

Alltagstrott im Offenstall

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

​Veröffentlicht am ​​​​​2​8.​​​​​​4.201​​​​​9

​In der freien Natur wandern die Pferdeherden umher und kommen daher immer wieder in neue Umgebungen. Sie sind beschäftigt mit der Futter- und Wassersuche und müssen zusätzlich achtsam sein bezüglich möglicher Raubtiere. Hinzu kommt noch das Herdenleben und die Fortpflanzung. In einem Offenstall halten wir dagegen Stuten und Wallache auf begrenzter Fläche mit ständigem Heu- und Wasserangebot an gleichbleibender Stelle. Das führt dazu, dass die Pferde oftmals in eine Art Alltagstrott verfallen und "im Kopf abschalten". Was kann man dagegen tun?

​Abwechslungsreiche Gestaltung

​Ein rechteckiger befestigter Paddock vor dem Unterstand mit Tränke und Heuraufe bietet kaum Anreize zum Bewegen, Spielen und Erkunden. Ein Paddock Trail um eine Weidefläche mit verschiedenen Stationen ist dagegen viel interessanter. 

  • ​​​Ein Hügel lädt ein zum Spielen und wird zudem gerne genutzt für eine bessere Aussicht auf das Gelände.
  • ​​​Totholzhecken sind ökologisch wertvoll und ​den Pferden steht Gehölzfutter zur Verfügung. Nach unserer Beobachtung wird das immer wieder gerne angenommen, auch wenn das Holz schon älter ist.
  • ​Baumstämme oder größere Steine am Boden bringen Abwechslung. Pferde laufen um den Stamm oder Stein herum oder springen drüber. Sie können die Baumrinde abknabbern und im Schutz des Stammes oder der Steine wachsen oftmals ein paar Grashalme mehr, die dann ​abgesucht und abgegrast werden.
  • Trockenmauern können als Strukturelement eingesetzt werden, um zum Beispiel Höhenunterschiede abzusichern oder auch auf ebener Fläche als Raumteiler. Die Mauern sind Wärmespeicher und bilden somit ein anderes Mikroklima.
  • ​Wasserfurte werden von den Pferden sehr gerne angenommen, zum gemeinsamen Trinken, zum Spielen und Abkühlen oder auch zum Abernten von Algen. Um eine möglichst gute Wasserqualität zu halten, ist es vorteilhaft, wenn man ca. ein Drittel der Fläche auszäunt und mit Schilf bepflanzt.
  • Lecksteine kann man in Trockenmauern oder in Baumstämmen "verstecken". Sie sind somit auch eine Station auf dem Trail.
  • Ein verteiltes Heuangebot führt zu mehr Bewegung. Wenn man zudem noch verschiedene Angebote hat (Raufe, Heutoy, etc.), dann bietet man noch mehr Abwechslung.
  • Bepflanzungen liefern verschiedene "Wohnbereiche": Schatten für heiße Sommertage, Windschutz bei ungemütlichem Wetter und zudem die Möglichkeit, frische Zweige und Äste abzuknabbern.
Offenstall Wasserfurt

Freie Sicht begrenzen

Wenn die Pferde den Offenstall immer komplett im Blick haben können, am besten noch von der Heuraufe aus, dann besteht kaum Notwendigkeit, sich zu bewegen. Mit einem kurzen Blick sieht das Pferd, dass kein Raubtier kommt und auch kein Mensch zur Bespaßung oder zum Füttern. Ganz anders ist es, wenn man die freie Sicht zum Beispiel durch Bepflanzung behindert. Dann entsteht in den Pferden das Bedürfnis, immer mal wieder hinter die Hecke zu blicken, damit ihnen mögliche Gefahren oder Besucher nicht entgehen. Rangniedere Pferde freuen sich zudem, wenn sie mal aus dem Blickfeld der Ranghohen herauskommen.

​Neue Attraktionen

Extra Entertainment ist in der Regel schwierig bzw. zu zeitaufwendig. Aber manchmal ergibt es sich von alleine. Wenn man zum Beispiel im Paddock neuen Sand aufbringen möchte, dann kann man den Sandhaufen auch erst einmal 1-2 Wochen liegen lassen und erst danach verteilen. Die Pferde haben bis dahin viel Spaß und nehmen einem auch schon etwas Verteilarbeit ab.

​Auch Holz für die Totholzhecke kann man ​zunächst ein paar Tage als Haufen liegen lassen und erst danach einschichten.

Bereiche zeitweise sperren

​Für das vorübergehende Absperren von einzelnen Bereichen des Offenstalls ​gibt es mehrere Anwendungen. Die erste ist zum Beispiel die Einführung von ein oder zwei Heupausen am Tag bei einem ansonsten freiem Heuangebot (Heu ad libitum). Die Heuraufen werden täglich für 2-4 Stunden abgesperrt. Die Pferde werden damit aus der "Immer-an-der-Heuraufe-stehen-Gewohnheit" heraus geholt und nutzen die Zeit vermehrt zum Spielen oder Schlafen. 

Eine zweite Anwendung ist der Erhalt von älteren Bäumen im Offenstall, die ganzjährig für die Pferde ​problematisch sein können. Hat man zum Beispiel größere Obstbäume im Offenstall mit nur wenigen Pferden, so kann es sinnvoll sein, den Baum zu Fallobstzeiten in einem größeren Radius auszuzäunen. Das Gleiche gilt für Eichen zur Eichelfallzeit (kleinere Mengen unbedenklich, größere Mengen Kolikgefahr) oder Buchen (Bucheckern giftig für Pferde). 

Immer wenn man ausgesperrte Bereiche wieder freigibt, werden die Pferde sie wieder neu erkunden und in Besitz nehmen.

Alternativwege einrichten

​Wenn man einen Paddock Trail um die Weiden anlegt, dann ist es für die Pferde immer angenehm, wenn es nicht nur einen Weg außen herum gibt, sondern auch Alternativwege und damit bessere Fluchmöglichkeiten. Diese Wege müssen nicht befestigt werden und sind somit relativ einfach nur mit etwas Zaunmaterial zu realisieren. Zum Schutz des Bodens und zur Abwechslung der Pferde ist es schön, wenn es mehrere dieser Wege gibt, die die dann immer nur zeitweise zur Verfügung stehen. So können die Pferde immer wieder Neues entdecken. Auch Wege durch ein kleines Waldstück kann man auf diese Art oftmals genehmigt bekommen. Man vereinbart, dass der Weg den Pferden nur zeitweise zur Verfügung steht und zwar nur solange, wie die Pferde weder den Boden noch die Bäume zur stark beeinträchtigen.

Planung Offenstall

​In der oberen Planung haben die Pferde einen Paddock Trail um die Weideflächen und einen Mittelweg, der immer zugänglich ist. Zusätzlich gibt es jedoch auch noch Wege zwischen den Weiden 1/3, 3/5, 2/4, 4/6 und zwei Wege durch den Wald. Diese werden abwechselnd immer nur zeitweise geöffnet.

​Offenställe wechseln

Für Pferdeherden ist es ganz natürlich, dass sie regelmäßig in neue Umgebungen kommen. Wenn man mehrere Offenstallgruppen mit in etwa gleicher Pferdeanzahl hat, wäre es daher ein interessanter Versuch, wenn man vielleicht alle 3 Monate die Gruppen den Offenstall wechseln lässt. Leider ist das in einem Betrieb mit Einstellern nur schwer umsetzbar :-) ... aber es gibt aktuell ein Projekt zum Bau von vier Offenstallgruppen ​mit eigenen Pferden. Hier soll ​es eventuell mal ausprobiert werden.